Weimarer Zivilrechtswissenschaft
Geschichtsschreibung über die Weimarer Republik ist nach einem Diktum Heinrich August Winklers notwendig immer auch Trauerarbeit. Immer sind es zwei Fragen, die die Autoren umtreiben: Warum ist die erste Republik auf deutschem Boden gescheitert? Und: War dieses Scheitern unausweichlich?
Trotzdem: In den Jahren dieser Republik dürften die allermeisten Menschen nicht auf deren Scheitern hingelebt haben, sondern sie haben versucht, ihr Leben zu führen, so gut es unter den zum Teil schwierigen Zeitumständen eben ging, sie haben gegessen, getanzt, geliebt – und auch geforscht. Deshalb erscheint es gerechtfertigt, die Weimarer Republik auch als solche stärker als bisher zum Gegenstand der wissenschaftlichen Betrachtung zu machen.
Für die Rechtsgeschichte bedeutet das also, Rechtswissenschaft und Judikatur der Weimarer Zeit in den Blick zu nehmen. Abschied zu nehmen vom ängstlich-beschwörenden und abgrenzenden „Bonn ist nicht Weimar“, geleitet von der Hypothese, daß in den 14 Jahren Weimarer Rechtswissenschaft und Judikatur doch einiges passiert sein muß.
Einiges, dessen Betrachtung nicht bloßer Selbstzweck sein soll, fand doch ein intensiver wissenschaftlicher Austausch mit anderen mitteleuropäischen Staaten statt und lag es doch nach dem Zusammenbruch des Jahres 1945 nahe, Bohrungen in die Vergangenheit zu unternehmen und an unverdächtige, unkompromittierte Schnittstellen anzuknüpfen, eben „vor 1933“.
Publikation: Löhnig/Preisner (Hrsg.), Weimarer Zivilrechtswissenschaft, Tübingen (Mohr Siebeck) 2014